Frau geht durch eine Wüste

Ringvorlesung Sprache.Macht.Geschlecht.

Das ging wie im Fluge: Die ersten Vortr?ge unserer Ringvorlesung ?Sprache. Macht. Geschlecht.“ fanden bereits statt.


Es waren spannende Beitr?ge zu Sprache, Geschlechterverh?ltnissen in Deutschland und Frauen in der Katholischen Kirche. Solltet ihr Vortr?ge verpasst haben und nachholen wollen, bekommt ihr hier Einführungen für die ersten vier Sitzungen.

Hier kommt ihr zum VC-Kurs, in dem alle Videos und Pr?sentationen ?ffentlich zug?nglich sind: Link zum VC-Kurs

Renata Szczepaniak: Sprache, Denken, Handeln und Wirklichkeit: ?Geschlecht“ aus linguistischer Sicht

Professorin Dr. Renata Szczepaniak doziert an unserer Universit?t deutsche Sprachwissenschaft und ist eine der Universit?tsfrauenbeauftragten. In ihrem Vortrag besch?ftigte sie sich mit der Frage, welche gesellschaftlichen Konsequenzen die Verwendung von Sprache hat und wie diese Verwendung mit Grundbedürfnissen wie Gesundheit, einem glücklichen und erfüllten Leben und auch sozialem Erfolg zusammenh?ngt. Auf der Grundlage der Unterscheidung von biologischem, psychologischem, sozialem und sprachlichem Geschlecht erl?uterte die Lehrstuhlinhaberin wie Sprache Wahrnehmung, Handeln und Wirklichkeit beeinflusst. Von Selbst- und Personenbezeichnung bis hin zu Stereotypen bei der Rollenbezeichnung erkl?rte sie anhand des sprachlichen Geschlechts, wie sich diese auf verschiedene Lebensbereiche auswirkt. So erl?uterte Szczepaniak beispielsweise, dass es einen Zusammenhang zwischen ?dem Ausma? der Gleichstellung der Geschlechter, auch sprachlich, und den Unterschieden in der Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern gibt“.

In besonderer Weise beeindruckte ihre Forschung zu den Hexenverh?rprotokollen, insbesondere der Verwendung von Gro?- und Kleinschreibung darin. Anhand der Gro?schreibpraxis erkl?rte sie, wie die Geschlechterhierarchie und die Humangrenze in den Protokollen erkennbar sind: Begriffe mit m?nnlichem Geschlecht (zum Beispiel ?Junge‘, ?Bub‘, ?Meister‘, ?Mann‘) wurden sehr viel ?fter gro? geschrieben, w?hrend weibliche Begriffe, ?hnlich wie die Bezeichnung von Gegenst?nden, klein geschrieben wurden. ?Mutter‘ ist das Wort, das am h?ufigsten gro?geschrieben wurde, ?M?gdlein‘, ?M?del‘ und ?Weib‘ wurden meist kleingeschrieben. Besonders anschaulich war hierfür die Folie der Pr?sentation, in der grafisch dargestellt war, wie stark sich die Geschlechterhierarchie hier zeigt.

Der Vortrag war ein gro?artiger Einstieg in die Vorlesungsreihe und hat eine grundlegende Erkenntnis als  Ausgangspunkt für die folgenden Vortr?ge gegeben: Sprache, hat früher Frauen diskriminiert und kann auch heute noch diskriminierend wirken.

Damaris Nübling: Neue Forschungen zur Genderlinguistik

Die Sprachwissenschaftlerin Professorin Dr. Damaris Nübling stellte in ihrem Vortrag die neuesten Forschungen in der Genderlinguistik vor und knüpfte damit quasi nahtlos an den Vortrag von Szczepaniak an. Ihr Schwerpunkt: Ergebnisse einer Studie über den Vornamenwechsel von trans* Personen: Die Namen sollten zum Alter passen und Normalit?t garantieren, unauff?llige Namen werden also bevorzugt, aber wichtiger ist der ?Namenklang“. Phonologie und Schreibung der Namen werden ausgiebig reflektiert, oft werden auch mehrere Namen angenommen, um eine Wahl-/ Testm?glichkeit zu haben. Auf fast jeder ihrer Folien hatte Professorin Dr. Nübling Zitate von Befragten aus der Studie, die erkl?rten, wieso sie sich für ihren Namen entschieden hatten.

Sie erkl?rte anschlie?end, wie die Genus-Sexus-Diskordanz (also der Unterschied zwischen dem grammatikalischen und dem inhaltlichen Geschlecht) Gender als soziale Kategorie betrifft. Die deutlichen Unterschiede des grammatikalischen Geschlechts im Bezug auf degradierende Begriffe zeigen eindeutige Sprachgef?lle. ?brigens sind alle Dialektw?rter für M?dchen Neutra: Sie werden genus-grammatisch wie Babys und Jungtiere behandelt. Erst durch die Hochzeit wird ?das M?dchen‘ zu ?die Frau‘.

In den letzten Teilen ihres Vortrags, sprach die Professorin über das Genus-Sexus Verh?ltnis bei Tieren und Geschlecht in der Syntax. Letzteres beinhaltete beispielsweise die (Rang-)Ordnung in Paarformen.

?hnlich wie im ersten Vortrag von Professorin Dr. Szczepaniak, war der rote Faden der Ergebnisse auch bei Professorin Dr. Nübling, dass Sprache eine gro?e Macht hat und diskriminierend sein kann

Norbert F. Schneider: Geschlechtergerechtigkeit? Stabilit?t und Wandel des Geschlechterverh?ltnisses in Deutschland

Für Professor Dr. Schneider, übrigens Alumnus der Universit?t Bamberg, schloss sich mit der Teilnahme an unserer Ringvorlesung zum Ende seiner Beruflichen Laufbahn ein Kreis. Seit 2009 ist Norbert Schneider der Direktor des Bundesinstituts für Bev?lkerungsforschung und wusste als solcher zu berichten, dass Deutschland im europ?ischen Vergleich bei Geschlechtergerechtigkeit nur im Mittelfeld liegt. Woran das liegt und wie es sich ?ndern kann, dazu hatte Professor Dr. Schneider einige Analysen im Gep?ck.

Er stieg mit einer ?bersicht über die Entstehung und Manifestation von Geschlecht und dem Spektrum von Geschlecht in den Vortrag ein. Aufgrund der verwendeten Daten, die bisher nur zwischen den Kategorien ?weiblich“ und ?m?nnlich“ unterscheiden, bezog sich der Rest des Vortrags auf das bin?re Geschlechtersystem.

Besonders wichtig, gerade in der Pandemiesituation, waren die Vergleiche zwischen den Geschlechtern in Hinblick auf geleistete Arbeit: Schneider zeigte Grafiken zu Erwerbst?tigkeit und Wochenarbeitszeit, Arbeitsteilung in Partnerschaften, Lohnarbeit und unbezahlte Arbeit innerhalb von Familien sowie die Aufteilung der Elternzeit. In all diesen Aspekten werden Frauen schlechter entlohnt und sind mehr verantwortlich für unbezahlte Care-Arbeit. Au?erdem zeigen Statistiken, dass Frauen und Führungspositionen meist inkompatibel sind. Und dies best?tigen auch Befragungen: Die meisten Teilnehmenden sind nach wie vor durch traditionelle Modelle und Rollenvorstellungen gepr?gt.

Professor Dr. Schneider beendete seinen Vortrag mit Ausblicken in die Zukunft der Geschlechtergerechtigkeit: Infolge der Pandemie k?nnten Care- und Lohnarbeit besser harmonisieren und durch den Ersatz von Leitbildern durch Wahlfreiheit k?nnte Erwerbsarbeitszeit zwischen den Geschlechtern besser aufgeteilt werden. Damit M?nner mehr Carearbeit leisten, so Professor Dr. Schneider, müsste es eine gesellschaftliche Aufwertung der Leistungen geben. Dadurch wird mit traditionellen Familien- und Rollenbildern gebrochen und sie werden dadurch in Frage gestellt. Letztlich seien auch politische Schritte notwendig, um Frauen die gleichen M?glichkeiten in der Lohnarbeit zu geben und die Carearbeit gleichm??ig zwischen den Geschlechtern aufzuteilen.

Thomas Wei?er: Wenn P?pste über Frauen reden. Die subkutane Genderdebatte in der Katholischen Kirche.

Mit Professor Dr. Thomas Wei?er, Professor für theologische Ethik, kehrte die Ringvorlesung zurück an die Universit?t Bamberg.

Ausgangspunkt des Vortrags war die ?Debatte um Gender, Gewalt und Macht, Diskriminierung und Rechte von Frauen in der Katholischen Kirche“, denn tats?chlich gibt es umfangreiche theologische Geschlechterforschungen. Trotzdem haben Vertreter*innen der Katholischen Kirche die Auffassung, die Genderdebatte würde dazu beitragen, Familien zu zerst?ren, und die traditionelle Konstruktion von Familie gef?hrden. Auch in diesem Vortrag, den Umst?nden geschuldet, wurde innerhalb der bin?ren Geschlechter gesprochen.

Professor Dr. Wei?er orientierte seinen Vortrag stark an Texten und Zitaten, die darlegten, dass die Geschlechterdebatte in der christlichen Theologie keine neue ist: Seit ihren Anf?ngen besch?ftigt sie sich mit den Rollen von Mann und Frau, dem Verh?ltnis zueinander und mit der Bedeutung von Geschlecht. So sagt zum Beispiel Papst Franziskus, dass der Beitrag der Frauen in der Kirche das Weitergeben der Kraft und Z?rtlichkeit der Mutter Maria sei. Auch im Lehramt ist dies ein Thema, jedoch überwiegt auch hier ein ideologisch klarer Standpunkt im Argumentieren gegen sich wandelnde Rollen: M?nner und Frauen h?tten bestimmte Aufgaben und Funktionen und die Komplementarit?t der Geschlechter beinhaltet Ungleichheiten, lautet die These.

Professor Dr. Wei?er erkl?rte den Zweck der Bipolarit?t, die Fruchtbarkeit, und erl?uterte, dass Generativit?t, als Teil der Sch?pfung, die Zweigeschlechtlichkeit voraussetzt. Ein wichtiger Aspekt dieses Fazits war, dass die Sch?pfung der Frau in biblischen Texten vieldeutig sein k?nne.

Im Gesamtbild schuf der Vortrag Verst?ndnis dafür, wieso die Katholische Kirche über Frauen spricht, wie sie spricht und wie damit aus theologischer Perspektive umzugehen ist. Professor Dr. Weiser sieht dies entsprechend kritisch und gab viele Ausgangspunkte für die feministische Auseinandersetzung mit der Katholischen Kirche.