Neuer Artikel: Blame and obligation: The importance of libertarianism and political orientation in the public assessment of disinformation in the United States

Wem gibt die US-Bev?lkerung die Schuld an der Desinformation und wen sehen sie in der Pflicht, die damit verbundenen Probleme zu l?sen?

In einem neuen Artikel fragen Adrian Rauchfleisch und Andreas Jungherr, wen Menschen in den USA für Desinformation verantwortlich machen und wen Sie in der Verantwortung sehen so entstehende Probleme zu beheben:

Befragte machen die Medien (27,65 %), Politiker (19,37 %) und andere Personen (15,73 %) für die Verbreitung von Desinformationen verantwortlich. Ausl?ndische Akteure werden nur mit 6 % genannt. Nur 8,77 % geben Social-Media-Unternehmen die Schuld an der Verbreitung von Desinformationen.

Auf die Frage, wer verpflichtet ist, das Problem der Desinformation zu l?sen, nannten die Befragten ?ffentlichkeit (29,97 %), Social-Media-Unternehmen (22,02 %), Nachrichtenmedien und Journalisten (18,21 %) sowie Regierungen und Regulierungsbeh?rden (15,73 %). Politiker werden in diesem Zusammenhang fast nie genannt (3,97 %).

Amerikaner betrachten Desinformation vor allem als ein Problem, das von Nachrichtenmedien und Einzelpersonen geschaffen wird. Sie sind der Meinung, dass Menschen als Teil der ?ffentlichkeit die entsprechenden Probleme selbst beheben sollten, ebenso wie Social-Media-Unternehmen, Nachrichtenmedien und Journalisten. Nur eine Minderheit sieht hier den Staat in der Pflicht.

Konservative und Liberale unterscheiden sich in ihrer Schuldzuweisung und Verpflichtung. Je konservativer eine Person ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie Social-Media-Unternehmen und Politikern die prim?re Verpflichtung zur Unterbindung der Verbreitung falscher Informationen zuweist.

Je konservativer eine Person ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie der Regierung und den Aufsichtsbeh?rden sowie der ?ffentlichkeit die Schuld für die Verbreitung falscher Informationen gibt.

Libert?re bewerten Desinformation im Einklang mit ihren zugrunde liegenden Einstellungen. Sie betonen die Verantwortung des Einzelnen, sehen Unternehmen nicht weiter in der Pflicht und wollen institutionelle Akteure nicht zus?tzlichen Einfluss und Kontrolle über digitale Kommunikationsr?ume geben.

Die politische Orientierung pr?gt in erster Linie die Schuldzuweisungen und folgt bereits bestehenden Einstellungen und der politisierten Natur von Desinformation. Die Ansichten über Verpflichtungen spiegeln tiefere Vorstellungen von gesellschaftlicher Steuerung, wie z. B. staatliche Eingriffe und individuelle Freiheiten.

Dementsprechend geht es bei der Diskussion um Desinformation und angemessene Reaktionen nicht nur darum, wie Informationsprobleme am besten behoben werden k?nnen. Vielmehr sind die jeweiligen Diskurse deutlich mit den dahinterliegenden Weltanschauungen verbunden.

Bei der Suche nach dem besten Umgang mit Desinformation geht es nicht mehr nur um die Frage, wie die Informationsqualit?t in digitalen Kommunikationsumgebungen verbessert werden kann. Diagnosen und Vorschl?ge sind eng mit den Ansichten darüber verbunden, wie Gesellschaften gesteuert werden sollten.

Abstract: Disinformation concerns have heightened the importance of regulating content and speech in digital communication environments. Perceived risks have led to widespread public support for stricter control measures, even at the expense of individual speech rights. To better understand these preferences in the US context, we investigate public attitudes regarding blame for and obligation to address digital disinformation by drawing on political ideology, libertarian values, trust in societal actors, and issue salience. A manual content analysis of open-ended survey responses in combination with an issue salience experiment shows that political orientation and trust in actors primarily drive blame attribution, while libertarianism predominantly informs whose obligation it is to stop the spread. Additionally, enhancing the salience of specific aspects of the issue can influence people’s assessments of blame and obligation. Our findings reveal a range of attributions, underlining the need for careful balance in regulatory interventions. Additionally, we expose a gap in previous literature by demonstrating libertarianism’s unique role vis-à-vis political orientation in the context of regulating content and speech in digital communication environments.

Adrian Rauchfleisch and Andreas Jungherr. 2024. Blame and obligation: The importance of libertarianism and political orientation in the public assessment of disinformation in the United States. Policy & Internet. Online first. doi: 10.1002/poi3.407