Poetikprofessur 2009: Wilhelm Genazino

Wilhelm Genazino, der Büchner-Preistr?ger von 2004, übernimmt die diesj?hrige Bamberger Poetikprofessur.

Genazino geh?rt zu den renommiertesten und zugleich bekanntesten Autoren der Gegenwart, hat Theaterstücke, verschiedene Reden und Essays, insbesondere aber ein ?u?erst umfangreiches Romanwerk ver?ffentlicht, zuletzt ?Das Glück in glücksfernen Zeiten“ (2009).

Im Rahmen von vier Abendvortr?gen im Juni/Juli wird Wilhelm Genazino Ausschnitte aus seinem Gesamtwerk vorstellen, kommentieren und jeweils am Morgen danach seine Ausführungen gemeinsam mit Studierenden in einem Autorenseminar diskutieren.

Die Poetikprofessur endet mit einem wissenschaftlichen Kolloquium am 17. und 18. Juli zum Werk Genazinos, an dem Literaturwissenschaftler aus dem In- und Ausland, Vertreter des zeitgen?ssischen Literaturbetriebs und der Autor selbst teilnehmen werden.
 

Termine der Vortr?ge im Rahmen der Poetikprofessur mit Wilhelm Genazino:


18. Juni 2009     Melancholische Renitenz

Einen Nachbericht zum ersten Vortrag finden Sie hier.

02. Juli 2009     Beiseite stehen und Luft holen

09. Juli 2009     Ironie als Notausgang

16. Juli 2009     Der Roman als Delirium

Die Vortr?ge finden jeweils um 20 Uhr s.t. im H?rsaal U7/105 statt. Der Eintritt ist frei.

Hier finden Sie einen Beitrag von Bayern 2 zu Wilhelm Genazinos Poetikprofessur in Bamberg.

Organisiert wird die diesj?hrige Poetikprofessur von Prof. Dr. Friedhelm Marx (Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft) und Prof. Dr. Andrea Bartl (Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft).

 

Wilhelm Genazino, geboren 1943 in Mannheim, studierte Germanistik, Soziologie und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universit?t in Frankfurt und war zun?chst als Redakteur und Herausgeber für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften t?tig. Seit 1971 arbeitet er als freier Schriftsteller und wurde für sein umfangreiches Werk mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Fontane-Preis (2003), der Georg-Büchner-Preis (2004) und der Heinrich-von-Kleist-Preis (2007). Als ?poet in residence‘ lehrte Genazino zwei Semester lang an der Universit?t Essen, übernahm 1997/98 eine poetologische Gastdozentur an der Universit?t Paderborn und ver?ffentlichte 2006 seine Frankfurter Poetik-Vorlesungen unter dem Titel Die Belebung der toten Winkel.

Ungeachtet seiner thematischen Breite wird das Gesamtwerk Genazinos leitmotivisch zusammengehalten von sich ?hnelnden Erz?hlerfiguren: Bereits in seinem Frühwerk, vor allem der viel beachteten Abschaffel-Trilogie (1977-79), nimmt Genazino den Typus des Angestellten und den Erfahrungsraum des Gro?raumbüros ins Visier, in dem er symbolische Verdichtungen der mitteleurop?ischen Konsum- und Mobilit?tsgesellschaft entdeckt. Der gro?e internationale Durchbruch gelingt ihm schlie?lich 2001 mit seinem Roman Ein Regenschirm für diesen Tag (2001) mit einem für Genazino exemplarischen Protagonisten: einem Streuner und Voyeur, der – wie bereits die Erz?hlerfiguren in Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz (1989) oder Die Kassiererinnen (1998) – typische R?ume der modernen Gro?stadt aus?schreitet, seine Beobachtungen zueinander in Bezug setzt und einem für Genazino charakteristischen Gedehnten Blick (2004) unterwirft.

Dabei sind es mitunter auch trügerische Sinneseindrücke, die in den Texten die zwischenmenschliche Kommunikation bestimmen und die wechselseitige, oft problematische Wahrnehmung von Mann und Frau oder von verschiedenen Familienmitgliedern offen legen, etwa im Roman Die Ausschweifung (1981) sowie in den autobiografisch gef?rbten Texten Die Liebe zur Einfalt (1990) und Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman (2003).

Die in Genazinos Texten inszenierten Identit?tsentwürfe sind h?ufig melancholisch grundiert und lassen pers?nliche Krisenerfahrungen (Alterungsprozesse, Scheidung, psychische oder physische Krankheiten) sichtbar werden, bisweilen wie im Roman Die Liebesbl?digkeit

Der jüngste Roman Genazinos, Das Glück in glücksfernen Zeiten (2009), schlie?t mit seiner Hauptfigur, dem promovierten Philosophen Warlich, unmittelbar an die Protagonisten der vorausgegangenen Texte an: Erneut begegnet hier ein letztlich tragischer Held, der an den Ansprüchen seiner Umwelt, nicht zuletzt am Kinderwunsch seiner ungleich lebensbejahenderen Lebensgef?hrtin Traudel, zu scheitern droht und den Grenzen der eigenen, kompromisslosen Wahrnehmung ausgeliefert bleibt.

 

Publikationen (Auswahl)

1977-79 Abschaffel. Eine Trilogie.

1981 Die Ausschweifung. Roman.

1989 Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz. Roman.

1992 Leise singende Frauen. Roman.

1994 Das Licht brennt ein Loch in den Tag. Roman.

1996 Die Obdachlosigkeit der Fische. Roman.

1998 Achtung Baustelle. Essays.

1998 Die Kassiererinnen. Roman

2000 Auf der Kippe. Ein Album.

2001 Ein Regenschirm für diesen Tag. Roman.

2003 Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman. Roman.

2004 Der gedehnte Blick. Essays.

2005 Die Liebesbl?digkeit. Roman.

2006 Lieber Gott mach mich blind / Der Hausschrat. Zwei Theaterstücke.

2007 Mittelm??iges Heimweh. Roman.

2009 Das Glück in glücksfernen Zeiten. Roman.

Auszeichnungen

1986 Westermanns Literaturpreis

1990 Bremer Literaturpreis für Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz

1998 Gro?er Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Sch?nen Künste für Das Licht brennt ein Loch in den Tag

2001 Kranichsteiner Literaturpreis des Deutschen Literaturfonds e.V. für sein Gesamtwerk

2003 Kunstpreis Berlin (?Fontane-Preis? der Abteilung Literatur der Berliner Akademie der Künste)

2004 Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster

2004 Georg-Büchner-Preis

2007 Heinrich-von-Kleist-Preis