Im Fluss des Heraklit (1962)

von Wis?awa Szymborska (1923 – 2012)

Im Fluss des Heraklit
fischt der Fisch Fische.
Der Fisch viertelt den Fisch mit einem scharfen Fisch.
Der Fisch baut einen Fisch, der Fisch wohnt im Fisch.
Der Fisch flüchtet aus dem belagerten Fisch.

Im Fluss des Heraklit
liebt der Fisch den Fisch.
Deine Augen – erz?hlt er – gl?nzen wie Fische im Himmel.
Ich will mit dir zusammen zum gemeinsamen Meer schwimmen.
O du allersch?nste des Fischschwarms.

Im Fluss des Heraklit
erfand ein Fisch einen Fisch, der über den Fischen steht.
Der Fisch kniet vor dem Fisch, der Fisch singt für den Fisch,
bittet den Fisch um leichteres Schwimmen.

Im Fluss des Heraklit.
Ich Einzelfisch, ich Sonderfisch,
(zumindest anders als der Baumfisch und der Steinfisch)
schreibe in bestimmten Augenblicken kleine Fische nieder,
in Silberschuppen so kurz,
sodass vielleicht das Dunkel in der Befangenheit blinzelt?

Neu übersetzt von Sebastian Banach


Eine unerwartete Reise…

Es war einmal in einem fernen Land, weit ab von Unistress und dem Grau des Arbeitsalltags, eine Gruppe von zehn tapferen Gef?hrten. Das wundersame Land Polen sollte ihr Ziel sein, doch bis dahin hatten die Gef?hrten noch viele Abenteuer und Prüfungen zu bestehen. Ein jeder hatte Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen in dieses Unterfangen gesetzt und wünschte sich, dass diese auch in Erfüllung gehen m?gen.

Die erste Hürde, die es zu überwinden galt, war die Reise nach Frankfurt am Main in die gro?en Hallen der Stahlv?gel, die Menschen in ferne L?nder brachten. Voller Tatendrang und einer gro?en Portion Abenteuerlust reiste die Gemeinschaft mit dem fahrenden Wurm also zu diesem magischen Ort.

Mit freudiger Erwartung erreichten die zehn Gef?hrten ihre Unterkunft in der Stadt Krakau. Eine Stadt, die man lieben lernen muss, und genossen ein langes Bad nach dieser langen und mühseligen Reise.

Um die Stadt zu erkunden und sich mit den Gepflogenheiten des Landes vertraut zu machen (und weil der Hunger unsere Gef?hrten trieb), suchten sie den nahe gelegten Marktplatz auf und genossen in einem Gew?lbe unter den H?usern ein Festmahl. Es wurde Ihnen Suppe gereicht, die sie gar nicht bestellt hatten, und die jeweiligen K?stlichkeiten des Landes. Ein Festmahl, an das sich unsere Gef?hrten noch lange erinnern werden.

Doch die Stadt hielt noch weitere ?berraschungen bereit, denn an diesem Tage wurde das heilige Fest der Sonnenwende gefeiert. Zu diesem Anlass werden von den Frauen Blumenkr?nze geflochten, die sie dann dem gewaltigen Fluss Weichsel überreichen, in der Hoffnung, die Liebe ihres Lebens zu finden. Auch die fünf Gef?hrtinnen gaben sich dieser Hoffnung hin oder hatten einfach Spa? am Flechten der Blumen, die sie dann von der Brücke in den Fluss warfen.

Zur Feier des Tages und als kr?nenden Abschluss begrü?te die Stadt Krakau unsere Gef?hrten mit einem riesigen Feuerwerk, das von Musik untermalt wurde. Die gesamte Stadt war in Festlaune, die durch die bunten Lichter am Himmel hervorgerufen wurde.

Dies soll nun das Ende dieses M?rchens sein, am Ende eines Tages, der ein gelungener Auftakt für diese unerwartete Reise war.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

Kornelia Dlugosch

Nachdem wir die St?dte Krakau, Rzeszów und Tarnów besichtigt hatten, war nun etwas Erholung vorgesehen, um für die zweite H?lfte unserer Reise etwas Kraft zu tanken. Wir hatten mit Zamo??, Lublin und letztendlich Warschau noch drei weitere St?dte vor uns. Und wo k?nnte man sich besser vom Trubel der St?dte und den Zug- und Busfahrten erholen als in der Natur? Deshalb hie? es für uns: ab in die Wildnis. Unser n?chstes Ziel sollte ein Nationalpark sein.

Der 1974 gegründete Roztocze-Nationalpark (polnisch: Roztoczański Park Narodowy) liegt in der Woiwodschaft Lublin im Südosten und erstreckt sich über eine Fl?che von 84,83 km?. Er ist nach der dort gelegenen Hügelkette "Roztocze", die teils in der Ukraine liegt, benannt. Die n?chstgelegene Stadt ist Zamo??, die wir ebenfalls noch besuchen sollten. Zamo?? und der Nationalpark sind eng mit der Familie Zamojski, einer der bedeutendsten polnischen Magnatenfamilien, verbunden. Der Nationalpark bildet das Kernstück ihrer ehemaligen Besitzungen dar und noch bestehen Geb?ude aus ihrer Herrschaftszeit. Ferner war die Gegend w?hrend der beiden Weltkriege und des Januaraufstandes 1863 Schauplatz zahlreicher Kampfhandlungen und Rückzugsgebiet für Partisanen. Somit bot uns der Nationalpark nicht nur Natur und Erholung, sondern war auch kulturell und geschichtlich sehr interessant.

Der Nationalpark bietet für verschiedenste Tierarten Lebensraum. Insbesondere für das "Konik Polski", das Wappentier des Park,  welches 1982 im Park ausgewildert wurde. Bereits auf der Fahrt bemerkten wir, dass die Landschaft immer sp?rlicher besiedelt war. Unser Ziel war schlie?lich das tiefe im Wald gelegene Dorf Guciów, in dem wir eine Nacht verbringen sollten. Was uns genau erwarten sollte, wussten wir nicht. Die Exkursionsleitung hatte nur angedeutet, dass es: ?etwas rustikaler werden würde...“. Als wir aus dem Bus ausstiegen, erblickten wir strohgedeckte Holzh?user, die zwar wie aus einem Gem?lde ausgeschnitten aussahen, aber auch bei einigen die Befürchtung weckten, die Nacht im Stroh verbringen zu müssen. Doch die H?user waren zwar einfach, aber komfortabel eingerichtet.

Am Abend war nach einem Abendessen mit traditionellen, lokalen Gerichten und dem "Roztoczanskie"-Bier ein literarischer Abend am romantischen Lagerfeuer geplant. Nachdem wir an der mitten im Wald gelegenen Feuerstelle ein Lagerfeuer entfacht hatten, berichtete unser Wirt von der Entstehung des Parks und seiner Geschichte. Anschlie?end trugen die Exkursionsteilnehmer ihren vorbereiteten Beitrag vor. Es konnte ein Lied, ein Gedicht oder eine Geschichte aus dem slavischen Kulturraum sein. Dementsprechend war das Programm sehr abwechslungsreich: von polnischen Gedichten, M?rchen, góralischen Liedern und von Musik untermalte russische Poesie hin zu Science Fiction.

Am n?chsten Tag führte uns ein Mitarbeiter  durch die Sammlung des kleinen Heimatmuseums vor Ort. Ein Teil der Sammlung besteht aus Steinen, Fossilien und Mineralien, Zeugnis davon, dass die Roztocze einst der Grund eines Meeres waren. Für uns als Slavisten war der andere Teil der Sammlung natürlich noch interessanter, der quasi aus den Geb?uden selbst sowie allerlei historischen Alltagsgegenst?nden wie z.B. Dreschflegeln, Hackbeilen oder alten Reklameschildern bestand. Interessant waren vor allem die lokalen Besonderheiten im Leben der einfachen Menschen z.B. religi?se, ins Holz der Zimmerdecke geschnitzte Symbole oder die bis heute andauernde Verbundenheit der Menschen mit der Familie Zamojski. Es wurde auf jeden Fall deutlich, dass die Menschen damals ein v?llig anderes Leben gelebt haben als wir heute. Wo früher haupts?chlich gearbeitet wurde, suchen wir heute Erholung und Ruhe.

Rainer Baumann

 Lehrstuhl für Slavische Literaturwissenschaft

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