Automatismen des Verdachts: Polizeikultur und Prognose in der Migrationsgesellschaft (Bamberg, 15.-17. Juni 2018)

Vom 15. bis 17. Juni findet eine interdisziplin?re Tagung zum Thema ?Automatismen des Verdachts: Polizeikultur und Prognose in der Migrationsgesellschaft“ statt. Vortr?ge und Diskussionen erm?glichen dabei den Austausch zwischen Wissenschaft, Exekutive, Flüchtlingshilfe und Kunst mit dem Ziel, die ?ffentlichkeit über die Folgen der Kriminalit?tsprognose zu informieren. Die Veranstaltung wird von der Thyssenstiftung gef?rdert und schlie?t an das Forschungsprojekt ?Sicherheit für alle: Polizeikultur in einer Einwanderungsgesellschaft“ der Trimberg Research Academy (TRAc) an.

Zeit: 15. Juni, 13.00 Uhr bis 17. Juni, 12.00 Uhr
Ort: An der Universit?t 2 (H?rsaal U2/00.25)

 

Thema:

Wissen, wann und wo ein Verbrechen geschehen wird. Vor dem T?ter am Tatort sein und sein kriminelles Vorhaben vereiteln. Entschlüsse vorhersehen k?nnen, die ein T?ter selbst noch nicht gefasst hat. Alles nur Utopie oder bereits Wirklichkeit? Der Einsatz von Prognosetechnologien durch die Polizei, Gerichte und im Strafvollzug sind in den USA und Gro?britannien bereits weit verbreitet. Je unausweichlicher diese Entwicklung, desto skeptischer wird der wissenschaftliche und ?ffentliche Diskurs um Polizeiprognose als invasives Instrument symbolischer Staatsgewalt. Kontrovers wird diskutiert, ob der Einsatz von Prognosetechnologien seine Kernaufgabe – das Voraussehen von Kriminalit?t – letztendlich verfehlt und somit ohne jeglichen Erkenntnisgewinn blo? diskriminierende Prozesse in Gang setzt. Die aktuelle Erprobung und Einführung softwaregestützter Prognose durch deutsche Polizeibeh?rden verdeutlichen in den Augen der deutschen Polizeiwissenschaft vor allem einen empirischen Forschungsbedarf. Zwar liegen Studien vor, welche die Effektivit?t der automatisierten Verwertung gro?er polizeilicher Datenbest?nde beurteilen, doch sind ihre Methoden nicht ganz unproblematisch: denn wie kann man messen, was nicht geschehen ist?

Die Tagung Automatismen des Verdachts: Polizeikultur und Prognose in der Migrationsgesellschaftverfolgt einen anderen Ansatz. TeilnehmerInnen aus Wissenschaft, Exekutive, Kunst und Aktivismus gedenken nicht, die Effektivit?t von Pr?diktion unter Generalverdacht zu stellen, sondern ihre Entstehung und ihren Einzug in die Polizeipraxis kritisch zu beleuchten. Vielmehr als direkt und kompromisslos Partei zu ergreifen, geht es darum, die Pr?missen sowohl der kritischen als auch der fürsprechenden Positionen zu verstehen.

  • Wie reihen sich polizeiliche Vorhersagen von Straftaten in die Kulturgeschichte der Datenspeicherung und Personenidentifikation ein?
  • Wie ver?ndert sich damit das Verst?ndnis der kulturell verankerten, von Predictive Policing zusammengeschwei?ten Konzepte ?Sicherheit“, ?Migration,“ ?Technik“ und ?Zukunft“?
  • Wie konnten Algorithmen uns darauf konditionieren, dem maschinellen Erkenntnisgewinn so viel Vertrauen entgegenzubringen?
  • Warum ist Pr?diktion nach der Digitalisierungswende ein gemeinhin positiv konnotiertes Konzept?
  • Inwiefern wird eine unverh?ltnism??ig gro?e Anzahl von Migranten der pr?diktiven Kontrolle unterzogen – und mit welchen Konsequenzen für deren Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt?

Die Tagung geht diesen Fragen nach, indem sie Erkenntnisse aus mehreren Disziplinen vereint und verhandelt. Ein interdisziplin?rer Diskurs ist insofern notwendig, dass die Haltung gegenüber PP je nach beruflicher und gesellschaftlicher Perspektive stark variiert. Der zuversichtliche Blick auf Prognosetechnologien ist gepr?gt von Fortschritten in der Informatik und Verwaltungswissenschaft, w?hrend sich die kritische Haltung h?ufig auf den invasiven Praktiken des Predictive Policing begründet, die weit über die reine Feststellung eines straft?tlichen Tatbestands hinausgehen. Prognostische Ma?nahmen beziehen ihre Daten und Kausalit?ten aus anderen, teils mit der Polizeiwissenschaft und Kriminalistik verwandten Wissensbereichen (etwa der Soziologie und Rechtswissenschaft), doch auch die Kultur- und Mediengeschichte sind eng mit dem Aufstieg pr?diktiver Systeme verbunden und k?nnen Einblicke in die kriminologische Prognose gew?hren, die bislang nicht systematisch erforscht sind.

Der Einfluss kultureller Stimmungen und Str?mungen in der Migrationsgesellschaft Deutschlands kann das Fortschreiten von Pr?diktivtechnologien bef?rdern oder ihnen entgegenwirken, doch wie genau diese Einflussnahme aussieht ist kaum untersucht worden. Die Tagung analysiert anhand einer Auswahl interdisziplin?rer Problemfelder die multiplen Faktoren, die einen solchen technologischen und kulturellen Umbruch in der Staatstheorie und polizeilichen Praxis überhaupt erm?glicht haben, und wie sich die kulturelle Semantik polizeilicher Gefahrenprognose auf die Akzeptanz von Verdachtsautomatismen in der Gesellschaft auswirkt.

Tagungsprogramm(265.7 KB, 4 Seiten)

Plakat (PDF-Datei)(3.1 MB, 1 Seite)

Plakat (JPG-Datei)(2.4 MB)