Hohler Stein bei Schwabthal

 

Vom 28.07. bis 19.09.2008 wurde der Fundplatz im Rahmen einer arch?ologischen Lehr- und Forschungsgrabung (in Kooperation der nordfr?nkischen Universit?ten Bamberg und Würzburg) eingehend untersucht. W?hrend die nur etwa 200 m südlich gelegene bandkeramische Siedlung schon seit dem 19. Jh. bei Sammlern bekannt war und eine gro?e Anzahl an Lesefunden (vor allem Silex- und Felsgesteinger?te) erbrachte, war das direkte Umfeld des Hohlen Steins weitgehend unerforscht. Nur der ehemalige Bamberger Oberlehrer Hermann Mauer konnte in den 1960er Jahren um den markanten Felsblock mit dem natürlich entstandenen, tunnelartigen Loch (Abb. 1) einige Keramikbruchstücke auflesen. Eine kleine Sondage von ca. 75 x 40 cm erbrachte im Jahr 1962 weiteres, heute verschollenes Keramikmaterial, von dem zumindest ein verziertes Bruchstück der jüngsten Bandkeramik zugeordnet werden konnte.

Erstellung eines H?henplans, digitaler Einmessung der oberfl?chig anstehenden Dolomitfelsstrukturen und geomagnetischer Prospektion der Felsumgebung wurden Grabungsschnitte und Sondagequadranten festgelegt (Abb. 2).

Von den neun Sondageschnitten gab lediglich Schnitt 9 Grund zu einer fl?chigeren Erweiterung (Abb. 3): hier konnte der dünne Rest eines schnurkeramischen Besiedlungshorizontes erfasst werden, wobei m?gliche Kulturschichtbildungen oder aussagekr?ftige Befunde wegen der Oberhanglage schon erodiert waren. Lediglich eine schmale Grube mit wenig Keramik, Silices und Rotlehmstückchen sowie Fundkonzentrationen von Artefakten (z. B. Beilbruchstücken, Werkabfall, Klingen, Mahl- und Schleifsteinfragmenten etc.) im Bereich von teilweise gepflastert wirkenden Dolomitger?llen deuten den ursprünglichen Standort einer Siedlung an, wie sie kürzlich am nur wenige km entfernten Motzenstein bei Wattendorf (Link) bekannt wurde. Auch die Lage nahe des Felsens und am Oberhang stellt eine Parallele zu diesem Fundplatz dar.

Eine von sechs l?nglichen Hügelstrukturen ?stlich des Hohlen Steins, welche regelhaft in N-S-Richtung verlaufen und durch die Geomagnetikergebnisse eine anthropogene Entstehung vermuten lie?en, wurde mittels Schnitt 5 untersucht. Unter einer gesetzt wirkenden Dolomitger?llschicht (Abb. 4) befand sich eine geringm?chtige Schicht aus umgelagertem L?ss mit wenig eingeschlossenem Fundmaterial (Silex, Beilfragment, Keramik), welches ebenfalls ins Endneolithikum datiert. Eine Deutung der Erhebungen als mittelalterliche oder neuzeitliche Lesesteinhaufen ist wegen der sorgf?ltigeren Schichtung und  der eher gerundeten Struktur der Ger?lle eher unwahrscheinlich, wonach man durchaus eine Anlage dieser Strukturen w?hrend der Urgeschichte annehmen kann. Allerdings bleiben genauere Datierung und Funktion ungekl?rt.

Zwei Schnitte (2 und 20) wurden am Felsfu? der tunnelartigen Halbh?hle angelegt, wobei bis in eine maximale Tiefe von 60 cm pr?historisches Fundmaterial geborgen wurde (Abb. 5). Sichere Befunde konnten im stark zerklüfteten Felsuntergrund nicht registriert werden, hier muss die fein getrennte Verteilung der Funde weitere Informationen erbringen. Neben Geweihbruchstücken eines kapitalen Rothirsches, zahlreichen Tierknochen, Felsgestein-, Sandstein- und Silexger?ten erbrachten diese Schnitte Gef??fragmente der Bandkeramik, der Schnurkeramik, der Bronze- und Eisenzeit. Da besonders im Süden des Steines (Schnitte 17 und 20) verst?rkt unverzierte Grobware des Frühneolithikums auftrat, ist eine tempor?re Nutzung des Platzes zu Siedlungszwecken nicht auszuschlie?en.

Sehr sicher rituelle Bedeutung besa? hingegen der Nord- und Ostteil des Hohlen Steins. Im Norden ?ffnete sich eine kleine, ca. 2 m breite, aber nach innen schnell stark verengende H?hle. W?hrend im Inneren dieser kaum Fundmaterial zu Tage trat, war der recht fl?chig gegrabene Vorbereich (Schnitt 3) von disartikulierten und zum Teil zersplitterten Menschen- und Tierknochen und zahlreichen eher kleinteiligen Gef??bruchstücken nahezu übers?t (Abb. 6). Schon jetzt ist recht sicher, dass das Skelettmaterial mehreren Individuen, darunter Erwachsenen, Jugendlichen/Kindern und F?ten zugeordnet werden kann. Es lie?en sich keine Gruben oder andere eingetiefte Befunde aufdecken, so dass man von einer Schichtbildung über einen l?ngeren Zeitraum ausgehen muss. Die mit dem Knochenmaterial geborgene Keramik geh?rt überwiegend Grobgef??en bronzezeitlicher Machart an, wobei beim momentanen Auswertungsstand keine genauere zeitliche Eingrenzung erfolgen kann. Auch l?sst sich der Charakter der Fundstelle (Bestattungs-/Opferplatz) noch nicht beschreiben, hier sind anthropologische, arch?ozoologische Gutachten sowie die Fundauswertung abzuwarten. Auff?llig sind auch die Funde mehrerer Pfeilspitzen aus Silex. Das ?lteste Artefakt der Grabung stammt ebenfalls aus Schnitt 3 – eine epipal?olithische Rückenspitze.

Schnitt 4 im Schuttkegel der Ostwand des Felsens zeigte eine v?llig andere Fundzusammensetzung. Hier dominierten verzierte Gef??bruchstücke der Bandkeramik, wobei wegen der Hanglage relativ klar ist, dass das Fundmaterial durch Fallen vom Felsgipfel oder Bereichen der Felsw?nde eingelagert worden sein muss (Abb. 7). Tierknochen, Silexartefakte und einige Gef??fragmente aus jüngeren Epochen sind ebenfalls von hier anzuführen. Damit werden rituelle Prozesse erkennbar, wobei genauere Inhalte, vor allem jedoch das Motiv im Dunkeln bleiben werden. Jedoch k?nnen quantitative und chronologische Aussagen pr?zisiert werden, so dass die Skizzierung von Grundabl?ufen und Dimensionen pr?historischer Ritualhandlungen, gerade im diachronen Vergleich zwischen ?hnlich gestalteten Fundpl?tzen innerhalb einer Kleinregion, m?glich erscheint.

Text: T. Seregèly