Ulf Abraham, Abschiedsvorlesung Benjamin Herges/Universit?t Bamberg

Ulf Abraham spricht in seiner Abschiedsvorlesung über Alternativweltgeschichten.

Zahlreiche Wegbegleiterinnen und -begleiter, PublikumBenjamin Herges/Universit?t Bamberg

Zahlreiche Wegbegleiterinnen und -begleiter sind für die Feierlichkeit nach Bamberg gekommen.

Lehrstuhlmitarbeiter Konstantin Mangos (li.) moderiert die Sonderausgabe von "Dingsda Didaktisch" mit Ulf Abraham und Ina Brendel-Perpina.Benjamin Herges/Universit?t Bamberg

Lehrstuhlmitarbeiter Konstantin Mangos (li.) moderiert die Sonderausgabe von "Dingsda Didaktisch" mit Ulf Abraham und Ina Brendel-Perpina.

Die Teilnehmenden bei "Dingsda Didaktisch" bekommen als Dankesch?n Blumen.Benjamin Herges/Universit?t Bamberg

Die Teilnehmenden von "Dingsda Didaktisch" bekommen ein Dankesch?n.

Benjamin Herges/Universit?t Bamberg

Mit Standing Ovations würdigen die G?ste Ulf Abrahams Lebenswerk.

?Einer der ganz Gro?en unserer Fachdisziplin r?umt seinen Lehrstuhl“

Deutschdidaktiker Ulf Abraham verabschiedet sich mit Alternativweltgeschichten in den Ruhestand.

Deutsch oder Kunst auf Lehramt studieren? Vor dieser Frage stand Prof. Dr. Ulf Abraham als Gymnasiast. Er entschied sich für die F?cher Deutsch und Englische Philologie, was ihn schlie?lich in die Wissenschaft führte. Der Deutschdidaktiker an der Universit?t Bamberg hielt am 6. Februar 2020 seine Abschiedsvorlesung, in der er die alternate history (Alternativweltgeschichte) als Forschungsgegenstand vorstellte. Dabei handelt es sich um eine literarische Geschichte, die erz?hlt, was passiert w?re, wenn sich für die Weltgeschichte wichtige Menschen in folgenschweren Momenten anders entschieden h?tten. ?bertragen auf Abraham, der nach dem Studium zun?chst vier Jahre Lehrer war, k?nnte man fragen: Was w?re gewesen, wenn er 1988 nicht gelesen h?tte, dass die Universit?t Bamberg einen Akademischen Rat auf Zeit sucht? Er h?tte sp?ter kaum das Projekt Literarisches Schreiben im Deutschunterricht geleitet. Vielleicht w?re auch nie das vielzitierte Einführungswerk Literaturdidaktik Deutsch entstanden, das er mit seinem Kollegen Prof. Dr. Matthis Kepser von der Universit?t Bremen verfasste.

Kepser sagt über ihn: ?Einer der ganz Gro?en unserer Fachdisziplin r?umt seinen Lehrstuhl für die Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, aber er r?umt hoffentlich noch lange nicht die wissenschaftliche Bühne, die er so erfolgreich und nachhaltig bespielt hat.“ Ulf Abraham gilt als einer der letzten Generalisten in diesem Fach, der nahezu alle wesentlichen Kompetenzfelder beforscht hat. Für seine umfassenden Verdienste um die Deutschdidaktik erhielt Ulf Abraham 2014 den Friedrich-Preis, den einzigen Wissenschaftspreis für die Fachdidaktik Deutsch im deutschsprachigen Raum.

Er denkt Forschung nicht ohne Praxisbezug

Die meisten Ideen für seine Forschungsprojekte sind durch den 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 mit Schulen entstanden, wie Abraham erkl?rt: ?Ich kann Forschung ohne Praxisbezug überhaupt nicht denken.“ Beispielsweise erforschte er M?glichkeiten der Verknüpfung von Text und Bild in Schulstunden. Und er besch?ftigte sich mit Filmen im Unterricht. Jahrelang hatte er Lehramtsstudierenden in der Praktikumsbetreuung die Aufgabe gestellt, bewusst eine Unterrichtssequenz mit einem Film zu gestalten, ehe er die praxisorientierte Monographie Filme im Deutschunterricht schrieb. In seiner Forschungsarbeit hat Ulf Abraham immer gefragt, was daraus für die konkrete Unterrichtsplanung und den Umgang mit Schülertexten folgt.

Lehrkr?fte, Künstlerinnen und Künstler sowie Forschende arbeiten auch im Projekt Literarisches Schreiben im Deutschunterricht zusammen, ein Weiterbildungsprojekt für Deutschlehrerinnen und -lehrer. Mit Prof. Dr. Ina Brendel-Perpina, die damals seine wissenschaftliche Mitarbeiterin war, entwickelte er ein literaturp?dagogisches Konzept, das sie umgesetzt und wissenschaftlich begleitet haben: Lehrkr?fte lernen am Literaturhaus Stuttgart seit 2011 beispielsweise, Gedichte zu schreiben und szenische Texte zu verfassen, um dieses Wissen Schülerinnen und Schülern weiterzugeben. ?Dem engagierten Einsatz von Ulf Abraham ist es ma?geblich zu verdanken, dass das Projekt mehrfache Wiederauflagen gefunden hat und heute auch an anderen Standorten in Deutschland umgesetzt wird“, so Brendel-Perpina, die gerade den Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universit?t Eichst?tt vertritt. Die Beteiligten aus Bamberg, Stuttgart, G?ttingen und Rostock bilden nun ein Netzwerk, um den Modellcharakter des Projekts zu kommunizieren. ?Von all den ?mtern und Projekten, die ich im Ruhestand Stück für Stück abgebe, wird dieses wahrscheinlich das letzte sein, das bleibt“, vermutet Ulf Abraham.

Als Forscher renommiert, als Lehrender enthusiastisch

Der Zeitschrift Praxis Deutsch wird er wohl ebenfalls noch ein paar Jahre als Mitherausgeber erhalten bleiben. T?tigkeiten, die er bereits beendet hat, sind etwa seine Kooperation mit der Universit?t Klagenfurt und seine Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Grundlagen einer allgemeinen Fachdidaktik in der Gesellschaft für Fachdidaktik. In der Universit?t Bamberg engagierte er sich unter anderem als Mitglied des wissenschaftlichen Leitungsgremiums im damaligen Bamberger Zentrum für Lehrerbildung (BAZL). Es war ihm ein pers?nliches Anliegen, die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken besser zu vernetzen. Als Forscher sei Ulf Abraham hoch renommiert gewesen, als Lehrender enthusiastisch und begeisternd, als Mensch offen, bed?chtig, freundlich und gelassen. Das sind einige der Eigenschaften, die Vizepr?sident Prof. Dr. Frithjof Grell, Dekan der Fakult?t 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 Kulturwissenschaften Prof. Dr. Markus Behmer und Institutsleiter Prof. Dr. Friedhelm Marx bei der Abschiedsvorlesung lobend hervorhoben.

Da Abraham Wert auf handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht legt, m?chte er Studierenden Wissen über fachdidaktische Theorien und Konzepte nicht nur vermitteln, sondern auch vorleben: In Vorlesungen zur Schreibdidaktik lie? er die H?rerinnen und H?rer selbst Texte schreiben. In einem Seminar über Mündlichkeit im Deutschunterricht moderierten beispielsweise Studierende Diskussionsphasen. Und sein Lehrstuhl führte das Konzept Schreib- und Lesereisen weiter, das die Mitarbeiterin Dr. Claudia Kupfer-Schreiner schon vor 2005 entwickelt hatte. Studierende machten unter anderem eine Exkursion ins Tessin auf den Spuren der Exilautoren, die im Dritten Reich aus Deutschland fliehen mussten.

Digitale Festschrift für deutschdidaktische Diskussionen

Auf Ulf Abrahams unterschiedliche Interessen gehen zahlreiche Weggef?hrtinnen und -gef?hrten in einer digitalen Festschrift mit Texten, Bildern, H?rspielen und Filmen ein. Sie knüpft an seine fachdidaktischen ?berlegungen und ?berzeugungen an, enth?lt Visionen für einen künftigen Deutschunterricht sowie pers?nliche, kreative Beitr?ge. Dr. Kristina Bismarck, Prof. Dr. Julia Knopf, Ina Brendel-Perpina und Matthis Kepser überreichten ihm die ?digitale Stele“ in der Hoffnung, dass dort die deutschdidaktischen Diskussionen weitergeführt würden. Einen Beitrag daraus führte das Bamberger Lehrstuhlteam live vor: eine Sonderausgabe des Ratespiels Dingsda Didaktisch.

Eines wünscht sich der Professor, der am 31. M?rz 2020 entpflichtet wird: ?Es w?re mir wichtig, dass die Bamberger Deutschdidaktik weiterhin in die Germanistik eingebunden bleibt.“ Er selbst engagiert sich in den n?chsten Jahren nicht nur in der Deutschdidaktik. Als Abiturient entschied er sich zwar gegen ein Kunststudium, aber: ?Das Malen ist immer eine Liebhaberei geblieben, die ich jetzt systematischer betreiben m?chte.“ In gewisser Weise verwirklicht Ulf Abraham nun eine m?gliche Alternativweltgeschichte.