Katharina Thoma / Universit?t Bamberg

Martin Friesl ist neuer Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisation.

Vom Bankkaufmann zum BWL-Professor

Universit?t Bamberg begrü?t neuen Lehrstuhlinhaber Martin Friesl

Einzelne Personen k?nnen in Unternehmen starke Ver?nderungen herbeiführen, wie Prof. Dr. Martin Friesl in seinen Forschungsprojekten zeigt. Er ist seit dem 1. August 2019 neuer Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisation. In Forschung und Lehre fokussiert er sich vor allem auf die strategische Führung von Organisationen. Im Interview spricht er über seinen Karriereweg, Neuausrichtungen von Unternehmen und seine Affinit?t zu Medien.

Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?

Martin Friesl: Solange ich mich zurückerinnern kann, wollte ich immer Lehrer werden. Nach dem Realschulabschluss habe ich erstmal eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht. Anschlie?end habe ich das Abitur an einer Berufsoberschule nachgeholt und an der Ludwig-Maximilians-Universit?t München Wirtschaftsp?dagogik studiert – mit dem Ziel, Lehrer zu werden.

Haben Sie w?hrend des Studiums gemerkt, dass Sie in der Forschung arbeiten m?chten?

Es hat für mich einen entscheidenden Moment gegeben: Ich fand ein Pflichtseminar über Wissenschaftstheorie und Methoden richtig toll. Au?erdem gab es am Lehrstuhl in München einen Doktoranden, der wie ich nach seiner Lehre zum Bankkaufmann das Abitur nachgeholt hatte, was ich sehr inspirierend fand. Direkt nach dem Studium habe ich dann angefangen zu promovieren.

Zu welchen Themen forschen Sie seitdem?

Ich interessiere mich für die langfristige, strategische Neuausrichtung von Unternehmen. Mich treibt vor allem ein Thema um: Wie k?nnen Firmen proaktiv mit Ver?nderungen umgehen, anstatt auf Krisen reagieren zu müssen? Ich zeige in meinen Forschungsprojekten, dass es oft einzelne Personen oder kleine Personengruppen sind, die starke Ver?nderungen herbeiführen k?nnen.

Welche Ver?nderungen meinen Sie?

Zum Beispiel habe ich mit zwei Fachkollegen eine empirische Studie zu dem franz?sischen Einzelh?ndler Auchan durchgeführt: Das Unternehmen war weltweit extrem erfolgreich. Trotzdem wollte ein Mitarbeiter es besser machen – nicht im Sinne von Geld, sondern im Sinne eines besseren Beitrags zur Gesellschaft. Seine Vision war, nicht nur Superm?rkte zu bauen, sondern stadtplanerisch t?tig zu werden. Er nannte das ?New Urban Design“. Durch einige gezielte Aktionen bekam er so viel Aufmerksamkeit, dass das Management ihn in eine Tochtergesellschaft ausgliederte und ihm ein Budget gab.

Hatte er Erfolg?

Ja, er war schon im ersten Jahr profitabel. Letztendlich hat die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft wieder eingegliedert. Innerhalb weniger Jahre gab es also eine komplette Transformation des Unternehmens hin zu Urban Design. Wenn eine Firma es schafft, die offizielle Strategie mit solchen kreativen Str?mungen zu verbinden, dann ist ein proaktiver Wandel ohne Krise m?glich.

Sie sind bekannt dafür, dass Sie zu aktuellen Themen in Medien Stellung nehmen. Warum ist Ihnen das wichtig?

Das h?ngt mit meinem Berufsverst?ndnis zusammen. Als Organisationsforscher haben wir ein sehr tiefgründiges theoretisches Verst?ndnis, wie Strategieprozesse ablaufen. Es ist interessant für die ?ffentlichkeit, wenn wir aktuelle Einzelprobleme in einen gr??eren Zusammenhang einordnen und erkl?ren, warum andere ?hnliche Probleme haben oder hatten. Ich finde auch, dass ich in meiner Forschung davon profitiere, weil ich einen besseren Blick auf aktuelle Probleme habe.

Was ist Ihr Selbstverst?ndnis als Dozent?

Die Lehre ist mir extrem wichtig – vielleicht auch, weil ich ursprünglich Lehrer werden wollte. Ich sage den Studierenden immer: ?Es genügt mir nicht, dass Sie etwas über Strategie wissen. Was ich eigentlich will, ist, dass Sie Strategen werden.“ Als Wissenschaftler sind wir extrem privilegiert. Die Gesellschaft bezahlt uns, damit wir forschen und lehren k?nnen. Unsere Gestaltungsfreir?ume sind immens und mit gro?er Verantwortung verbunden. Ich sehe meine Verantwortung vor allem darin, dass Studierende aus meinen Kursen etwas mitnehmen für ihr Leben als Manager.

Was m?chten Sie in den n?chsten Jahren an der Universit?t Bamberg erreichen?

Zun?chst habe ich die Chance, diesen Lehrstuhl aufzubauen, der für einige Jahre vertreten worden ist. Ich habe hier sehr viel Gestaltungsspielraum. In den n?chsten Jahren m?chte ich meine laufenden Forschungsprojekte zusammen mit Doktoranden weiterbearbeiten. Und ich würde gerne ein starkes Netzwerk zur lokalen, regionalen und überregionalen Industrie aufbauen.
Weitere Informationen über Martin Friesl finden Sie auf der Webseite des Lehrstuhls.