Universit?t Bamberg hat einen neuen Professor für Pr?ventive Konservierung in der Baudenkmalpflege
Dr. Ralf Kilian ist seit Anfang Dezember in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik (Fraunhofer IBP) in Holzkirchen Professor für Pr?ventive Konservierung in der Baudenkmalpflege an der Universit?t Bamberg. Er ist ein echtes Münchner Kindl und der Stadt bis heute treu geblieben: In München wurde er geboren und ist dort aufgewachsen, hat an der Technischen Universit?t München studiert und lebt auch jetzt in der N?he. Einmal in der Woche verschl?gt es Ralf Kilian ab sofort für die Lehre nach Bamberg. Was er sich von der Zeit in Bamberg erwartet, wo seine Forschungsschwerpunkte liegen und was ihm in der universit?ren Lehre wichtig ist, verr?t Ralf Kilian im Interview.
Was war Ihr erster Eindruck von der Stadt und Universit?t Bamberg?
Ralf Kilian: Ich finde an der Uni Bamberg den menschlichen Umgang miteinander, der in allen Bereichen unterstützend und freundlich ist, sehr angenehm. Insgesamt geht es in Bamberg gemütlicher und ruhiger zu als in München. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass es – au?erhalb von Corona-Zeiten – ein aktives, kulturelles Leben gibt. Und bei dem wahnsinnigen Geb?udeschatz, den Bamberg zu bieten hat, geht mir das Herz auf. Ich finde es spannend, dass die Uni selbst in mehreren historischen Geb?uden untergebracht ist und es damit geschafft hat, den Geb?udebestand nutzbar zu machen. Das ist auch Tradition, die hier zum Ausdruck kommt. Denkmalwissenschaftlich gesehen ist Bamberg für mich derzeit der spannendste Ort in Deutschland.
Wie sind Sie zu den Denkmalwissenschaften gekommen?
Mich haben historische Bauten und Burgen schon als Kind interessiert. Zun?chst habe ich dann Bauingenieurwesen studiert und um mich noch konkreter mit historischen Geb?uden zu besch?ftigen, ein Restaurierungsstudium angeschlossen. Das war eine tolle Zeit, weil ich mich mit so vielf?ltigen Themen auseinandersetzen konnte, wie etwa Kunstgeschichte, historische Werkstoffe, aber auch Chemie und Informatik.
Was fasziniert Sie am meisten an Ihrer Arbeit?
Am meisten begeistert mich, dass ich die M?glichkeit habe, hinter die Kulissen historischer Bauten zu schauen. Ich kann mich mit ihnen auf einem hohen Niveau auseinandersetzen und dabei versuchen zu verstehen, wie sie funktionieren.
Sie wurden gemeinsam von der Universit?t Bamberg und dem Fraunhofer IBP berufen. Wie funktioniert das?
Es besteht die M?glichkeit, dass staatliche Universit?ten und au?eruniversit?re Forschungseinrichtungen – wie etwa ein Fraunhofer-Institut – eine gemeinsame Berufung durchführen. Dazu gibt es verschiedene Modelle. Ich wurde über das sogenannte Jülicher Modell berufen. Dabei übernehme ich zwei Semesterwochenstunden Lehre an der Universit?t Bamberg. In der restlichen Zeit bin ich weiterhin am Fraunhofer-Institut für Bauphysik t?tig und leite dort den Bereich Kulturerbe-Forschung. Eine solche gemeinsame Berufung ist ein Gewinn für beide Seiten, da sie das Ziel hat, gemeinsame Aktivit?ten und Forschungsvorhaben anzuschieben. Für das Fraunhofer IBP k?nnen neue Forschungsfelder weiterentwickelt und engagierte Forscherinnen und Forscher von der Universit?t Bamberg gewonnen werden, die dann Grundlagenforschung zu bestimmten Themen der Pr?ventiven Konservierung betreiben und umgekehrt profitiert die Lehre stark dadurch, dass die Studierenden einen Einblick in brandaktuelle Themen und neuesten Entwicklungen aus der Forschung bekommen.
Wo liegen Ihre Forschungsschwerpunkte?
Ein gro?er Forschungsschwerpunkt setzt sich mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf kulturelle Einrichtungen auseinander. Dazu gibt es ein neues, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gef?rdertes Projekt, das sich mit Extremwetterereignissen wie etwa Stürmen, langen Hitzeperioden oder Starkregen auseinandersetzt. Dabei stellt sich zum Beispiel die Frage, wie sich diese Ereignisse auf die Bausubstanz, aber auch auf historische M?bel oder Gem?lde auswirken. Welchen Schaden k?nnen sie nehmen? In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IBP geht es auch viel um technische Ma?nahmen für die Pr?ventive Konservierung, mit denen man Sch?den an historischen Bauten und deren Ausstattung vermeiden kann. Dabei werden Simulationen eingesetzt, um besser verstehen zu k?nnen, wie die Geb?ude im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Klimabedingungen reagieren. So k?nnen wir bereits im Vorhinein restauratorische Ma?nahmen beispielsweise nach ihrer Energieeffizienz oder ihrer Wirkung beurteilen. Ein weiterer gro?er Forschungsschwerpunkt ist demnach auch die Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im Kontext der Baudenkmalpflege.
K?nnen Sie ein konkretes Forschungsprojekt vorstellen?
Vor etwa zehn Jahren haben wir begonnen ein Fraunhofer-Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege im Kloster Benediktbeuern aufzubauen. Es handelt sich dabei um ein reales historisches Geb?ude, an dem wir Forschung betreiben und neue Technologien ausprobieren k?nnen. Wir schauen uns beispielsweise an, welche Heizungssysteme für historische Bauten geeignet sind oder wie wir Fenstergl?ser erhalten und gleichzeitig energetisch verbessern k?nnen. Hier bestehen auch sehr gute M?glichkeiten, Studierende in Form von Abschlussarbeiten in die Forschung einzubeziehen. In Zukunft wird es zum einen verst?rkt um die Frage gehen, wie man digitale Technologien für die Sanierung historischer Bauten einsetzen kann. Und zum anderen starten wir aktuell ein weiteres Forschungsprojekt zum Thema virtuelle Realit?t. Dabei geht es darum, wie man den realen Lernort im Kloster Benediktbeuern mit Hilfe virtueller Realit?t zum Beispiel in der Lehre nutzen kann.
Was ist Ihnen in der Lehre am wichtigsten?
Für mich ist es sehr wichtig, die Studierenden zu erreichen und ihnen etwas für ihren sp?teren beruflichen Werdegang mitzugeben. Deshalb stehen für mich in der Lehre gemeinsame Diskussionen und das gemeinsame Erschlie?en von Themen im Zentrum. Darin sehe ich die M?glichkeit, sich mit aktuellen Themen auseinanderzusetzen, was wiederum sogar zu neuen Forschungsfragen führen kann. Dabei arbeiten wir gern mit Institutionen aus der Denkmalpflege zusammen. So haben wir beispielsweise mit den Studierenden im Rahmen einer Anwendungswoche für das Kloster Benediktbeuern ein Kunstdepot untersucht und Vorschl?ge erarbeitet, wie die Bedingungen für die Erhaltung der dort eingelagerten Klostersch?tze verbessert werden k?nnen. Die Ergebnisse sind für das Kloster sehr hilfreich und k?nnen nun dazu beitragen das Kunst- und Kulturgut im Sinn der Pr?ventiven Konservierung langfristig und besser zu erhalten.
Vielen Dank für das Interview!