Theologisches Forum 2008/2009
Die Macht des Einen(s) – Monotheismus, Monismus und Gewalt
Donnerstag, 23. Oktober 2008, 20 Uhr:
Gott, Gewalt und die Gegenmittel der Vernunft
Prof. Dr. Klaus Müller, Münster
Donnerstag, 20. November 2008, 20 Uhr:
?Auf Dich, Gott, habe ich meine Hoffnung gesetzt.“ Pl?doyer für einen aufgekl?rten Monotheismus
Prof. Dr. Saskia Wendel, Erfurt
Donnerstag, 4. Dezember 2008, 20 Uhr:
Der Koran als exegetischer Text
Prof. Dr. Angelika Neuwirth, Berlin
Dienstag, 20. Januar 2009, 16 Uhr:
Zorn und Eifer Gottes. Der Gewaltvorwurf gegen den Monotheismus. Eine Ehrenrettung aus jüdischer Sicht
Prof. Dr. Daniel Krochmalnik, Heidelberg
Gott und Gewalt? Start des Theologischen Forums ?Die Macht des Einen(s) – Monotheismus, Monismus und Gewalt“
Von Heimo Sperling
Sp?testens seit dem 11. September 2001 geht die Angst vor dem ?Kampf der Kulturen“ auch in Deutschland um. Aber handelt es sich vielleicht in Wirklichkeit um einen ?Kampf der Monotheismen“? Dieser Frage stellt sich das Theologische Forum der Fakult?t Katholische Theologie im Wintersemester 2008/09. Der Er?ffnungsvortrag von Prof. Dr. Dr. Klaus Müller aus Münster beleuchtete das aktuelle Thema aus religionsphilosophisch-theologischer Sicht.
?Gott, Gewalt und die Gegenmittel der Vernunft“, so lautete der Titel von Klaus Müllers Vortrag am 23. Oktober. ?Gott und Gewalt“ – für jemanden, der mit ?Gott“ vor allem den Gedanken der N?chstenliebe verbindet, ist das sicherlich eine überraschende Kombination. Dass hier dennoch ein enger Zusammenhang bestehen k?nnte, darauf verweist die Monotheismuskritik der letzten Jahre, die sich durch die Ereignisse seit dem 11. September zu best?tigen scheint. Deshalb besch?ftigt sich das regelm??ig stattfindende Forum der Fakult?t für Katholische Theologie diesmal mit dem Zusammenhang zwischen ?Monotheismus, Monismus und Gewalt“.
Glaube und Vernunft müssen zusammen geh?ren
?Eine Welt mit Religion oder Religionen des Abrahamitischen Typs zu füllen, ist als ob man auf die Stra?en geladene Waffen streute. Dann sollte man nicht überrascht sein, wenn sie auch benutzt werden“, so zitierte Müller mit Richard Dawkins einen prominenten Monotheismuskritiker. Dem stellte Müller die lange Geschichte von Vernunft und Toleranz in der christlichen Kirche entgegen. ?Wo aber Vernunft und Glaube auseinander gerissen werden, entspringt Gewalt und die Religion verkommt zum Ritual“, erkl?rte Müller den aus seiner Sicht entscheidenden Punkt, dass Gewaltt?tigkeit nicht an sich eine Eigenschaft monotheistischer Religionen sei, sondern aus dem Auseinanderbrechen von Glaube und Vernunft entstehe.
Alles eins?
In seinem 1998 erschienen Buch ?Moses der ?gypter. Entzifferung einer Ged?chtnisspur“ nennt der ?gyptologe und Kulturwissenschaftler Jan Assmann den Absolutheitsanspruch der ?mosaischen“ monotheistischen Religionen als m?gliche Quelle von Intoleranz und Gewalt. Die Spur dieses intoleranten Monotheismus beginne in ?gypten mit der Religion des Pharaos Echnaton. Es existierte aber auch in ?gypten schon eine gegenl?ufige Str?mung: das All-Einheitsdenken. In seinem Vortrag zeichnete Müller die Spur dieses All-Einheitsdenkens in der christlichen Religion nach. Dieser ?monistische Tiefenstrom“ sei im Pantheismusstreit Ende des 18. Jahrhunderts kulminiert. Die Vorstellung, dass Gott und die Welt eins sind, l?ste sich am weitesten von der personalen Gottesvorstellung, ist aber, so kam es vielen Zeitgenossen vor, fast gleichbedeutend mit Atheismus. ??berall dort, wo es um Vermittlung geht, tritt Monismus ein“, wies Müller auf das hohe Integrationspotenzial des All-Einheitsglaubens hin.
Reflexion und Humor gegen Extremismus
Nach der Logik der Monotheismuskritik müsse der Polytheismus also die wahre Friedensbewegung sein. So verdeutlichte Müller beil?ufig, dass der Umkehrschluss die Monotheismuskritik ad absurdum führt. Gegen gef?hrliche Vereinfachungen helfen Vernunft und Reflexion, die auch anthropomorphen Gottesbildern entgegenwirken. Dies kann sich auch mit Humor verbinden, wofür es in der Kirche durchaus eine Tradition gibt. Hierzu erz?hlte Müller ein Beispiel: In Johannes 8,7, wo es um die Bestrafung einer Ehebrecherin geht, sagt Jesus: ?Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Tats?chlich wirft jemand von hinten einen Stein. Jesus dreht sich um: ?Aber Mutter!“
Mit freundlicher Genehmigung wurde dieser Bericht übernommen von Uni-Bamberg News vom 03.11.08