Max Weber und die Entzauberung der Welt

Start des Theologischen Forums 2018/19

Das Theologische Forum widmet sich im Wintersemester 2018/19 dem Thema "Verzauberung der Welt". Referenten aus verschiedenen Fachrichtungen untersuchen, wie es sich mit religi?sen Symbolen und Symbolsystemen innerhalb der zunehmend s?kularisierten Welt verh?lt.

Unter dem Titel Max Weber und die Entzauberung der Welt er?ffnete Prof. Dr. Reinhard Zintl, emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für Politische Theorie an der Universit?t Bamberg, das Theologische Forum 2018/19. Mit einer Interpretation von Max Webers Vortrag Wissenschaft als Beruf aus dem Jahre 1919, dessen Grundgedanke der ?Entzauberung der Welt“ bekannt wurde, entwarf Zintl einen eigenen Beitrag zur Deutung religi?ser Symbole der Gegenwart.

Im ersten von fünf Abschnitten nahm Zintl eine Standortbestimmung vor, um genauer einordnen zu k?nnen, wozu die Wissenschaft in der Lage ist bzw. wo die Grenzen ihrer Leistungsf?higkeit liegen. Hierbei betonte er die Rationalit?t, auf die sich die Wissenschaft besinnen sollte, um die kausalen Zusammenh?nge der – augenscheinlich verzauberten – Welt nüchtern zu erkl?ren. Zintl legte besonderes Augenmerk auch darauf, dass die angestrebte Rationalisierung der Wissenschaft nicht zwangsl?ufig zu einem Verlust von Religion zu führen hat.

Daran schloss sich eine Abgrenzung dessen an, was Wissenschaft nicht seri?s leisten kann: Sie kann keine Fragen nach dem Sinn des Lebens beantworten. Zwar kann unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Methoden als Handwerkszeug eine Ann?herung an eine entsprechende Antwort gesucht werden, dennoch darf die Wissenschaft niemals selbst diesbzgl. werten. Denn das einzige deklarierte Ziel der Wissenschaft stellt ein Gewinn an Erkenntnis dar.

Im dritten Abschnitt seiner ?berlegungen stellte Zintl drei verschiedene Ebenen der Weltwahrnehmung Webers vor, die auf der Suche nach einem Sinn bedeutsam sind. In diesem Modell werden all jene Wahrnehmungen der ersten Ebene zugerechnet, die zum Bereich der Logik geh?ren, welche die Welt mithilfe der Wissenschaften wahrnehmbar macht. Die Ebene zwei bezieht sich auf das, was gut, wahr und sch?n ist. Ebene drei ist dem vorbehalten, was Gott bzw. ein G?ttliches offenbart haben soll. Zintl schlussfolgerte, dass alle Menschen sich über die Elemente der ersten Ebene gr??tenteils einig sein müssten, wobei die Trennung zwischen dem, was der zweiten und was der dritten Ebene zuzuweisen ist, jedoch auch von der Transzendenz-Bereitschaft dessen abh?ngt, der die wahrgenommenen Elemente einsch?tzt.

Der vierte Abschnitt des Vortrags widmete sich den Aufgaben der Religion. Religionen, so identifizierte Zintl bei Weber, antworten auf die Frage nach dem Sinn. Nichtsdestotrotz stehe Max Weber den Religionen skeptisch gegenüber, da sie stets das Potential zur Instrumentalisierung beherbergen. Erst wenn die Religion die Anfragen der Menschen an sie ernst nimmt und auch deren Argumente betrachtet, kann sie hilfreiche Artikulationsversuche unternehmen, um den Anfragen der Menschen wertsch?tzend zu begegnen.

Zintl schloss seinen Vortrag mit der Einsicht Webers, dass sich religi?se und nichtreligi?se Weltanschauungen unl?sbar im Kampf gegenüberstehen, wobei eine Koexistenz mit regem Austausch jeder der beteiligten Parteien einen Gewinn an Perspektiven und m?glicherweise auch Wissen erm?glicht.

Hinweis

Diesen Text verfasste Simon Scheller. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.