Studientag 2009: Darwin und die Theologie
Offener Studientag des Instituts Katholische Theologie überzeugte mit spannendem Thema
Von Sabine Nachtrab
Was haben Schildkr?ten mit Religion zu tun? Und warum ist Darwins Evolutionstheorie eine Herausforderung für die Theologie? Beim Studientag des Instituts Katholische Theologie bekamen Kollegiatinnen und Kollegiaten Antworten auf brennende Fragen und viel Stoff zum Nachdenken.
Dichtes Gedr?nge zu früher Stunde in der AULA der Universit?t Bamberg. Unz?hlige Schülerinnen und Schüler versuchen noch einen letzten Sitzplatz zu erhaschen. Es ist nicht zu übersehen, der Studientag der Katholischen Theologie ist ein regelrechter Publikumsmagnet. ?ber 450 Kollegiaten aus ganz Oberfranken bev?lkern an diesem Vormittag die ehemalige Dominikanerkirche, um sich über ein Studium am Institut Katholische Theologie zu informieren. ?Weiteren 300 Interessierten mussten wir leider absagen, der Platz hat für so viele Leute einfach nicht ausgereicht“, bedauert Prof. Dr. Mirjam Schambeck, Organisatorin des Studientags. Sie findet es keineswegs überraschend, dass ein vermeintlich ?uncooles“ Fach wie die Theologie so viele Schüler anzuziehen vermag: ?Unser Thema ?Als die Galápagos-Schildkr?ten die Welt auf den Kopf stellten… Darwin – eine Provokation für die Theologie‘ steht ganz im Zeichen des diesj?hrigen Darwin-Gedenkjahres. Unser Ziel ist es, den aktuellen, brisanten und spannenden Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie vorzustellen.“
Alle lieben Harriet
Gleich zu Beginn zog Galápagos-Riesenschildkr?te Harriet, die bis 2006 im Australia Zoo in Queensland lebte, die Schüler in ihren Bann. Der ?berlieferung nach soll Darwin sie selbst von seiner Reise nach England mitgebracht haben. ?Die Beobachtung von Harriet und ihren Artgenossen war der Grundbaustein für Darwins Theorie der Anpassung und Selektion. Sie gab ihm schlie?lich den Anlass, von einer evolution?ren Entwicklung der Arten auszugehen“, erl?utert Schambeck. Die Auseinandersetzung mit dem Evolutionsbiologen ist für die Theologie bis heute ein brisantes Thema. Denn seine Lehren wurden im Laufe der Zeit immer mehr als Welterkl?rungsmuster verstanden, das die alten Sch?pfungsmythen der Bibel abl?ste.
Zwei Kurzvortr?ge zeigen den Schülerinnen und Schülern, was es bedeutet, dieses Problem aus wissenschaftlicher Sicht und verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Von Prof. Dr. Joachim Kügler, Inhaber des Lehrstuhls für Neutestamentliche Wissenschaften, erfahren sie, dass der Konflikt zwischen Evolutionstheorie und Bibel entstand, weil Darwin und seine Zeitgenossen die Bibel historisierend lasen. Damals dachte man also, dass dieser Text geschichtliche Wahrheiten beinhaltet. So kam es zum Beispiel zu ungew?hnlichen Weltentstehungsberechnungen wie dem 23. Oktober 4004 vor Christus um 9 Uhr. ?Besagter Konflikt ist für die Theologie aber positiv, denn er f?rdert tieferes Verst?ndnis der biblischen Texte und bringt die Theologie dazu, sich selbst besser zu verstehen“, legt Kügler dar. Die Evolutionstheorie habe dazu beigetragen, die Bibel erst richtig zu lesen, n?mlich als Mythen, die eine Ordnungs- und Normierungsfunktion haben und den Menschen zeigen k?nnen, wie man richtig leben soll.
Warum der Streit um die Evolutionstheorie bis heute so brisant ist, erkl?rt Dr. Johanna Rahner, Professorin für Fundamentaltheologie und Dogmatik. Als die eigentlichen Kontrahenten in diesem Konflikt machte sie auf der einen Seite christliche Fundamentalisten, auf der anderen Seite radikale Atheisten aus. ?Im Grunde basiert der Streit auf der Fehlannahme, die Evolutionstheorie k?nne als ein Welterkl?rungsmodell verstanden werden“, resümiert sie. ?Eine moderne Weltanschauung sollte sowohl Evolution als auch Glauben vertragen k?nnen.“
Schüler diskutieren mit Experten
So manchem Schüler brummt sichtlich der Kopf von diesen vielen Erkl?rungen. Zeit, um in einzelnen Arbeitsgruppen das neugewonnene Wissen zu verarbeiten. Die Seminarphase wurde in diesem Jahr neu eingeführt. Sie dient dazu, den Kollegiatinnen und Kollegiaten den Uni-Alltag noch n?her vorzustellen. Mithilfe von studentischen Tutoren sollen sie sich mit den beiden zuvor geh?rten Statements auseinandersetzen. Dabei treten interessante Fragestellungen zu Tage, die einzelne Sprecher der Gruppen in einem abschlie?enden Gespr?ch an die Experten des Fachs richten. Auch das Publikum beteiligt sich rege, als gegen Ende grunds?tzliche Themen wie ?Was zeichnet den Menschen vor dem Tier aus?“ oder ?Woher kommt das B?se?“ zur Sprache kamen. Eine Erkenntnis k?nnen die Schülerinnen und Schüler nach diesen zahlreichen Diskussionen sicherlich mit nach Hause nehmen: Theologische Sichtweisen auf die Welt sind nicht weniger spannend als naturwissenschaftliche Betrachtungen.
Mit freundlicher Genehmigung konnte dieser Bericht übernommen werden von: <link kommunikation news artikel studientag-katholische-theologie extern>Uni-Bamberg News vom 05.11.09